20.10.2021

ammely: Zunächst, stellen Sie sich doch gerne kurz vor: Wer sind Sie? Wie lange arbeiten Sie bereits als Hebamme und welche Leistungen bieten Sie hauptsächlich an?

Christina Dannat: Ich bin seit  30 Jahren freiberuflich im Raum Marburg tätig und habe seit 18 Jahren eigene Kinder. Generell biete ich den Frauen und Familien immer ein ganzes Jahr Begleitung an; also vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende der Beikosteinführung. Viele nehmen dieses umfassende Angebot gerne an. In den ersten 15 Berufsjahren habe ich auch Hausgeburten betreut. Im Arbeitsalltag bin ich gut ausgelastet und bekomme viele Anfragen von Frauen und Familien aus meiner Gegend.

ammely: Es freut uns sehr, dass Sie als eine der ersten Hebammen unsere Videoberatung nutzen und bereits Frauen aus ganz Deutschland bei Ihren Anliegen beraten haben. Erzählen Sie doch gerne ein wenig:

Christina Dannat: Ich habe nun schon einige Frauen über ammely beraten und ich glaube wirklich, dass dieses Tool einen wichtigen Beitrag leistet, Frauen zu helfen, die vor Ort keine Hebamme finden. Besonders in großen Städten scheint das problematisch zu sein. Im ersten Gespräch lerne ich die Frau und ihre Situation kennen und biete erste akute Hilfestellung an. Dabei stellt sich meist heraus, dass der Bedarf an Hilfe umfassender ist, sodass ich relativ schnell weitere Termine vereinbare, um die weitere Entwicklung zu unterstützen.

Allerdings kann ich mir vorstellen, dass es auch durchaus hilfreich und effektiv sein kann, einzelne Beratungen ohne die weitere Betreuung anzubieten. Das fällt mir mit meinem ganzheitlichen Betreuungsansatz schwer. Es muss aber natürlich mit dem persönlichen Zeitkontingent vereinbar sein. Bei meinen ammely Neuklientinnen, insbesondere kurz nach der Entbindung, gibt es teilweise so viel Unsicherheit, dass ich nach der ersten Beratung zu einer vollständigen Betreuung im online Format übergegangen bin.

Dabei handelt es sich meistens um Stillprobleme oder den Umgang mit unruhigen Babies. Mit diesen Frauen habe ich zunächst 2-3 Mal die Woche gesprochen und sie  ausführlich begleitet. Insbesondere beim Stillen gab es sehr viel Nachholbedarf an Wissen, das ich meinen Frauen schon während der Schwangerschaft vermittle. Später habe ich diese Neuklientinnen in meinen Online Rückbildungskurs integriert.

Darüber hinaus macht es in der Betreuung der Neuklientinnen einen großen Unterschied, ob sie Erstgebärende oder bereits Mutter ist. Die Betreuung bei Erstgebärenden ist immer deutlich intensiver, wohingegen Zweit- oder Drittgebärende meist spezifische Fragen stellen und das Gespräch kürzer gehalten werden kann.

Videosprechstunde mit hebammen buchen
www.ammely.de/videoberatung

ammely: Auch bei der Durchführung von Sprechstunden und Beratung mit Neuklientinnen gibt es mit Sicherheit erste Erkenntnisse und Erfahrungen. Können Sie hier ein wenig teilen? 

Christina Dannat: Zu Beginn der Probephase gab es sehr unverbindliche Terminbuchungen. Die Frauen meldeten sich zum vereinbarten Zeitpunkt nicht. Nachdem ammely eindrücklich darauf hinwies, dass nicht wahrgenommene Termine privat in Rechnung gestellt werden, kam das allerdings nicht mehr vor.

Inzwischen habe ich mir ein klar definiertes administratives Vorgehen erarbeitet: Ich schicke, nachdem die Terminbuchung bei mir eingeht, eine E-Mail an die Frauen mit der Bitte, mich vor dem vereinbarten Termin anzurufen. Das bedeutet, die Frau muss aktiv werden, und ich kann erkennen, ob sie wirklich Interesse hat. Meist gibt es bei diesem Vorgespräch schon akute Fragen, sodass es als Telefonberatung abgerechnet werden kann.

Ich nutze dieses erste Gespräch, um zu klären, ob sie sich dessen bewusst ist, dass es sich um eine Videoberatung handelt und ich nicht zu ihnen nach Hause kommen kann.  Die Hälfte der Frauen war sich dessen nicht bewusst. Die meisten dieser Frauen haben sich dann trotzdem zu diesem Weg entschlossen, da sie ansonsten gar keine Hebamme gefunden haben und teilweise sehr akute Probleme hatten.

Ein Teil der Neuklientinnen waren ausländischer Herkunft (eine Frau sprach fast gar kein Deutsch), was wohl die Ursache für dieses Missverständnis bei der Anmeldung war.

(Anmerkung von ammely: Hier werden wir in Zukunft noch klarer formulieren, dass es sich um einmalige Buchungen handelt. Feedback dieser Art ist für uns sehr hilfreich, damit wir die Plattform ständig weiter verbessern können) 

Christina Dannat:  Zusätzlich scheint es seitens der Krankenkassen Unklarheiten bezüglich der Kundeninformation zu geben, sodass diese Sorge hatten, die Kosten der Beratung ggf. selbst tragen zu müssen oder dass es ihnen durch die Videoberatung nicht mehr möglich sei, die Leistungen einer weiteren Hebamme in Anspruch zu nehmen, falls sie später doch eine Kollegin vor Ort finden. Dies konnte dann im persönlichen Gespräch aber schnell geklärt werden.

(Anmerkung von ammely: Hier ist es für uns sehr hilfreich, wenn Sie uns als Hebamme die Namen dieser Krankenkassen nennen. Dann können wir als Team mit Informationen an die jeweiligen Krankenkassen herantreten und Aufklärung betreiben. In der Regel handelt es sich hier um Missverständnisse seitens der Kassen. ) 

ammely: Welches sind die häufigsten Themen, die in der Sprechstunde besprochen werden?

Christina Dannat: Meistens fanden Erstgespräche zu Beginn der Schwangerschaft zum Beispiel bei Hyperemesis statt oder Videoberatungen für frischgebackene Mütter, die zum Beispiell Stillprobleme hatten. Diese beiden Themen kamen mit Abstand am häufigsten vor. 

ammely: Was sind Ihrer Meinung nach die größten Vorteile der Neuklientinnen-Videoberatung über ammely?

Christina Dannat: Für die Frauen/Neuklientinnen gibt es aus meiner Sicht nur Vorteile. Aus Sicht der Hebamme ist es eine gute Möglichkeit, ihr Einkommen zu steigern, wenn sie noch verfügbare Kapazitäten hat und sich gegebenenfalls die Zeit nehmen kann, die Frauen ausführlicher und längerfristig zu betreuen.

Für Neueinsteigerinnen macht es daher besonders viel Sinn, die Neuklientinnen Sprechstunde zu nutzen. Ebenso für Hebammen in Gebieten, in denen es eine Tendenz zur Überversorgung gibt. Ich habe inzwischen sogar zwei Anfragen von Bekannten einer Frau erhalten, die von mir über ammely versorgt wurde mit der Anfrage, ob ich ihnen auch helfen könnte. Die Nummer hatten sie von meiner Klientin. Das bedeutet also, dass das Prinzip der Mund zu Mund- Werbung und Empfehlung auch über diese räumliche Distanz funktioniert.

ammely: Haben Sie sonst noch Punkte, die Sie gerne zu ammely anbringen möchten? 

Christina Dannat: Die Videoberatung ist dann sinnvoll, wenn man sie als Hebamme gut in seinen Arbeitsalltag integrieren kann. Für einen einzelnen Beratungstermin pro Frau ist der Verwaltungsaufwand doch verhältnismäßig hoch.

Für Kurse habe ich die Plattform auch bereits genutzt und habe auch vor dies weiterhin zu tun. Hier wünsche ich mir die Möglichkeit, mich während des Kurses mit dem Handy einwählen zu können, falls die Internetverbindung instabil ist. So würde dann immerhin der Ton weiterlaufen, wenn das Bild hängt und die Stunde kann weitergeführt werden.

(Hinweis von ammely: Wir haben für Sie ein Handbuch kreiert, wo Tipps & Tricks für eine stabile Verbindung aufgeführt werden.) 

ammely: Viele Hebammen, mit denen wir sprechen, sind sich bzgl. der Videoberatung noch etwas unsicher. Insbesondere die Themen Abrechnung & Co. führen hier zu Verunsicherung. Könnten Sie so nett sein und hier einmal ein wenig erläutern, wie Sie die Sprechstunde von Anfang bis Ende durchführen und dann auch abrechnen?

Christina Dannat: Die digitale Teilnahmebestätigung per E-Mail nutze ich aktuell noch nicht, da es mir umständlich erscheint, eine Ansammlung an ausgedruckten Mails bei der Rechnungserstellung an die Kasse mitzuschicken.  Bei einer geplant einmaligen Beratung stelle ich es mir allerdings sehr hilfreich vor.

Ich sende die Versichertenbestätigung, sowie meinen Behandlungsvertrag, die Einverständniserklärung zur Videoberatung und die Datenschutzinformationen, ggf. auch Kursanmeldungen zu Beginn per Post an die Frau, die diese unterzeichnet direkt an mich zurückschickt. Nur der Versichertenbogen bleibt bis zum Ende der Betreuung bei der Frau, sodass sie wie vorgegeben zeitnah unterschreiben kann. Dieser wird dann am Ende der gesamten Beratungszeit zurückgeschickt.  Aktuell habe ich den Prozess noch in keinem Fall vollständig beendet.

 (Hinweis von ammely: Aktuell erarbeiten wir noch einen verbesserten Prozess für die Abrechnung digitaler Leistungen. Für weitere Informationen wenden Sie sich gerne jederzeit an video@ammely.de)

ammely: Gibt es Tipps, Tricks und Kniffe, die Sie an dieser Stelle mit Ihren Kolleginnen teilen könnten? 

Christina Dannat:  Es lohnt sich wirklich, im Vorhinein einmal mit der Frau zu sprechen und die Rahmenbedingungen durchzugehen. Nachdem ich das einmal gemacht habe, kann ich mich auch besser auf das Gespräch/ die Beratung vorbereiten und die Zeit währenddessen besser nutzen. Zudem würde ich in den Einstellungen den Zeitraum zwischen Buchung und Termin überprüfen und ggf. anpassen. Ich nehme mir mittlerweile etwas mehr Vorlauf, damit ich auch für meine Frauen vor Ort spontan da sein kann. Es ist hilfreich, sich vorher zu überlegen, wie groß mein verfügbares Zeitkontingent ist und wie viele Sprechstunden ich vergeben kann.

(Hinweis ammely: All diese Einstellungen, sowohl zur Vorlaufzeit von Buchungen als auch Ihr wöchentliches Kontingent können Sie individuell in Ihrem Profil einstellen. Details finden Sie im Handbuch.) 

ammely: Nutzen Sie das Tool auch für Ihre Bestandsklientinnen? 

Christina Dannat: Aktuell nutze ich das Tool nicht für normale Beratungen mit Bestandsklienten, da meine Frauen vor Ort lieber besucht werden möchten. Im Bedarfsfall telefoniere ich mit meinen Bestandsklientinnen häufiger.

ammely: Auch in Zukunft wollen wir die Videoberatung Schritt für Schritt weiterentwickeln und an die besonderen Bedürfnisse des Hebammenalltags anpassen. Gibt es von Ihrer Seite Wünsche, die wir berücksichtigen sollten?

Christina Dannat: Der kostenlose Probemonat muss auf jeden Fall bestehen bleiben, damit die Hebammen testen können, ob sie dauerhaft Videoberatung anbieten möchte. Natürlich ist der finanzielle Aspekt nicht unwichtig. Die Einnahmen durch zusätzliche Betreuungen müssen in einem guten Verhältnis stehen zu den Kosten, die mir als Hebamme durch die Nutzung von ammely entstehen.

Sehr wünschenswert wäre ein digitaler Nachweis der erbrachten Leistung direkt über das Portal an die Kassen, sodass die Unterschriftenlisten überflüssig wären. Mir gefällt an ammely, dass ich sehr flexibel den Vertrag monatlich wechseln und ggf. den Ruhemodus wählen kann und dadurch während der Urlaubszeiten oder bei guter Auslastung mir Frauen vor Ort die monatliche Gebühr spare.

Generell finde ich, dass die Videoberatung eine tolle Sache ist und ich sehe vor allem den Bedarf auf Seiten der Frauen. 

Denn erst durch die Neuklientinnen-Sprechstunde bei ammely habe ich erschrocken realisiert, wie groß die Not der Frauen ist, die scheinbar deutschlandweit keine Hebamme vor Ort finden. Daran sollten wir dringend etwas ändern, soweit es unsere Zeit und Kraft zulässt. Ammely bietet dafür definitiv eine sehr gute Möglichkeit. Ich würde mir wünschen, dass insbesondere die jüngeren Kolleginnen, mit mehr freien Kapazitäten Sprechstunden anbieten, um diesen Frauen weiterhin helfen zu können!

Liebe Frau Dannat, herzlichen Dank für das Gespräch. Wir wünschen Ihnen weiterhin alles Gute!

Ihr ammely Team

www.ammely.de/videoberatung