Mit fortschreitender Schwangerschaft stehen viele Schwangere vor der kniffligen Entscheidung, wo sie ihr Baby zur Welt bringen möchten. In Deutschland gibt es die freie Wahl über den Geburtsort, vorausgesetzt es sind keine potentiellen Risiken vorhanden. Diese Wahlfreiheit ist ein echter Luxus, stellt aber werdende Eltern vor die Frage: welche Geburtsorte gibt es denn überhaupt? Und welcher passt zu mir? Hier stellen wir die verschiedenen Arten des Geburtsortes vor und für wen welche geeignet sind. 

Die Geburt in der Klinik

Im Jahre 2017 kamen laut dem Bundesamt für Statistik ca. 97% der Kinder in Deutschland in Krankenhäusern zur Welt, also die große Mehrheit. 

Was sind die grundlegenden Merkmale einer Geburtsklinik?

  • Ein Kreißsaal ist rund um die Uhr geöffnet, sodass Schwangere zu jeder Tages- und Nachtzeit betreut werden können. Die einzige Ausnahme bilden einige sehr kleine Krankenhäuser in ländlichen Gebieten, informiere dich darüber am besten beim Infoabend. 
  • Bei jeder Geburt ist eine Hebamme anwesend, manchmal werden sie durch Hebammen in Ausbildung unterstützt. Die Hebamme, die gerade im Dienst ist, betreut dich während der Geburt, alle 8-12 Stunden gibt es einen Schichtwechsel. Gynäkologen stehen ebenfalls rund um die Uhr im Hintergrund bereit. In diesem Team sind Hebammen die Expertinnen für normale, und physiologische Geburt., Ärzte werden für Komplikationen und Operationen hinzugezogen. Außerdem kommt in vielen Kliniken der Arzt oder die Ärztin zum Ende der Geburt mit dazu. 
  • Es gibt die Möglichkeit, verschiedene Schmerzmittel während der Geburt zu erhalten. 
  • Ein Anästhesist steht für Operationen und, falls benötigt, die Anlage einer PDA bereit.
  • Die Räumlichkeiten bestehen meistens aus mehreren Kreißsälen. Dort gibt es alles, was für die Geburt des Babys gebraucht wird: ein verstellbares Gebärbett und ein CTG- Gerät, um die Herztöne des Babys aufzuzeichnen. Häufig gibt es auch eine Badewanne, die während der Wehen und zur Geburt genutzt werden kann und andere Bewegungsmöglichkeiten, wie Matten, einen Hocker, einen Ball oder ein Seil. 
  • In jeder Klinik gibt es einen Operationssaal, sodass ein Kaiserschnitt jederzeit möglich ist.
  • Häufig gibt es auch ein sogenanntes “Vorwehenzimmer”, in welchem werdende Mütter und ihre Partner zum Anfang der Geburt unterkommen können. Hier wird oft das CTG geschrieben, auch die Möglichkeit zur Entspannung im warmen Bad ist häufig vorhanden.
  • Nach der Geburt gibt es die Möglichkeit, für ca. 48 Stunden auf der Wochenbettstation zu bleiben. Alternativ dazu, kann die Geburt auch ambulant stattfinden, sprich man kann nach Hause gehen, wenn alles komplikationsfrei verlaufen ist. Das bedeutet, dass du vier bis sechs Stunden nach der Geburt nach Hause gehen kannst. Dazu solltest du eine Nachsorgehebamme, die darüber vorab informiert ist und einen Kinderarzt haben.
  • Es gibt auch Kliniken mit sogenannten Beleghebammen. Wenn du eine Beleghebamme für deine Geburt findest, wird sie dich bereits in der Schwangerschaft betreuen. Sie kommt zur Geburt mit dir in die Klinik und ist nur für dich da. Daher ist sie in den Wochen vor und nach deinem Termin 24 Stunden für dich rufbereit. Für diese Rufbereitschaft zahlt man eine Pauschale an die Hebamme, die von der Krankenkasse häufig teilweise oder ganz übernommen wird. Um eine Beleghebamme zu finden, muss man sich in der Regel schon sehr früh in der Schwangerschaft darum kümmern. 

Was für Unterschiede gibt es zwischen Geburtskliniken? 

Bei Geburtskliniken in Deutschland gibt es eine große Bandbreite, vom kleinen Kreiskrankenhaus mit 500 Geburten pro Jahr bis hin zur hochspezialisierten Klinik mit jährlich um die 4.000 Geburten. Ein wichtiger Unterschied liegt in der kinderärztlichen Versorgungsstufe der Kliniken. 

Vier verschiedene Geburtskliniken: 

1) Perinatalzentrum (Level 1 )

Kliniken mit einem Kreißsaal und einer angeschlossenen Kinderklinik mit Neugeborenenintensivstation werden Perinatalzentrum genannt. 

Dort sind Kinderärzte und Pflegepersonal 24 Stunden am Tag verfügbar. Eine sogenannte Level – 1 Klinik ist ein Zentrum mit der höchsten Versorgungsstufe. Dort können sehr kleine Frühgeborene unter 1250g und Babys mit Erkrankungen versorgt werden. 

Häufig sind Kliniken mit Level 1 oder 2 Versorgung große Kliniken, in denen viele Babys geboren werden.  

Für wen geeignet:

Diese Klinik eignet sich also vor allem für Schwangere, die ein Risiko für eine Frühgeburt oder schwerwiegende Risiken, wie eine bekannte Fehlbildung beim Baby oder eine eigene Erkrankungen mitbringen. 

2) Perinatalzentrum ( Level 2)

In einem Level- 2 Zentrum sind ebenfalls Kinderärzte und eine Neugeborenenstation mit einer begrenzten Kapazität für Intensivbetreuungen vorhanden. 

Für wen geeignet:

Diese Klinikform ist vor allem für sogenannte “einfache Risikogeburten” geeignet. Das bedeutet, sie eignet sich gut, wenn es ein moderates Risiko bei der Geburt gibt, zum Beispiel, wenn ein Schwangerschaftsdiabetes mit Insulinpflicht oder eine Präeklampsie vorliegt. Außerdem können hier Frühgeborene mit einem Gewicht über 1250g geboren werden. 

3) Perinatale Schwerpunktkliniken 

In Kliniken mit einem perinatalen Schwerpunkt ist keine Kinderstation angeschlossen, allerdings ist ein Kinderarzt auf Abruf immer in der Klinik. Bei Bedarf kann das Baby jederzeit in ein Perinatalzentrum verlegt werden. 

Für wen geeignet: In einem solchen Klinikum können Babys über 1500 g geboren werden, die ansonsten gesund scheinen und bei denen keine Komplikationen zu erwarten sind. Auch Zwillinge können hier auf die Welt kommen. 

4) Geburtskliniken 

In einer normalen Geburtsklinik ist keine 24 Stunden Anwesenheit eines Kinderarztes vorgesehen, er wird allerdings im Bedarfsfall hinzugerufen. Alle Hebammen und Ärzte sind in der Erst- und Notfallversorgung von Babys geschult und Medikamente sowie Equipment sind vorhanden. Alle Geburtskliniken haben Kooperationen mit einer Kinderklinik, um bei Bedarf eine Verlegung einzuleiten.

Für wen geeignet: Diese Art der Klinik ist für gesunde Frauen mit einer unkomplizierten Schwangerschaft ab der 37. Schwangerschaftswoche geeignet. 

Wenn du eine Geburt in der Klinik erwägst, sind neben den Versorgungsmöglichkeiten auch noch einige andere Kriterien interessant, die du beim Infoabend der Kliniken erfragen kannst: 

  • Wie viele Gebärende  betreut eine Hebamme in der Regel gleichzeitig? 
  • Wie viele Geburten finden hier pro Jahr statt? 
  • Wie viele Interventionen gibt es in dieser Klinik? Wie hoch ist die Rate an Kaiserschnitten und Dammschnitten? 

Diese Fragen können dir dabei helfen, einzuschätzen, ob dir die Klinik gut gefällt. Ein guter Betreuungsschlüssel und eine niedrige Interventionsrate sind positive Kriterien, auf die du bei der Auswahl achten kannst. 

Die außerklinische Geburt: das Geburtshaus und die Hausgeburt

Wenn du eine unkomplizierte, gesunde Schwangerschaft ohne Risiken hast und nur ein Baby erwartest, gibt es außerdem die Möglichkeit einer außerklinischen Geburt. Diese finden entweder in einem Geburtshaus oder als Hausgeburt statt. 

In beiden Fällen wird die Geburt durch eine Hebamme oder ein Hebammenteam betreut. Die Hebamme  betreut dich bereits in der Schwangerschaft und ist über den kompletten Geburtsverlauf bei dir, zum Ende der Geburt kommt meistens eine zweite Hebamme mit dazu. Daher ist deine Hebamme in den Wochen vor und nach dem errechneten Termin rufbereit. Hierfür wird, ähnlich wie bei Beleghebammen, eine Rufbereitschaftspauschale erhoben.  

Schmerzmittel sind bei einer außerklinischen Geburt nicht verfügbar, es kann allerdings mit natürlichen Methoden, wie einem warmen Bad, Akupunktur, Massage und Aromatherapie gearbeitet werden. Weitere Vorteile einer außerklinischen Geburt liegen in der ungestörten, entspannten Atmosphäre und einer kontinuierlichen eins- zu- eins Betreuung.

Eine außerklinische Geburt ist bei einer gesunden, unkomplizierten Schwangerschaft laut internationaler Studien eine sichere Option. Die Rate an Eingriffen, wie die Kaiserschnittrate, liegt wesentlich niedriger. Bei Bedarf kann im Geburtsverlauf jederzeit in die nächste Klinik verlegt werden. Notfallmedikamente und Ausrüstung sind immer vorhanden und können bei Bedarf durch die Hebamme verabreicht werden. 

Wenn du dir eine außerklinische Geburt vorstellen kannst, solltest du dich schon frühzeitig in der Schwangerschaft informieren, ob es in deiner Gegend ein Geburtshaus oder Hausgeburtshebammen gibt und dich dort frühzeitig anmelden.  

Für wen geeignet: Eine außerklinische Geburt kommt für gesunde Schwangere mit einer normal verlaufenden Schwangerschaft ab 37 Schwangerschaftswochen in Frage. 

Welcher Geburtsort soll es sein? 

Eine Regel in der Geburtshilfe lautet: so viel wie nötig und so wenig wie möglich. Die Mutter und das Kind sollen eine adäquate, professionelle Versorgung erhalten, ohne, dass dabei zuviel in den Geburtsprozess eingegriffen wird. Eine Geburt ist an sich schließlich ein normaler körperlicher Vorgang, der zwar gute Überwachung, aber nicht immer Hochrisiko Medizin benötigt. 

Eine Frau mit einem gesunden, reifen Baby, bei der die Schwangerschaft normal verlaufen ist, ist daher in einem normalen Klinikum oder zu Hause ebenso gut aufgehoben wie in einem Perinatalzentrum mit Neugeborenen Intensivstation. Entscheidend ist, wo sie sich am wohlsten fühlt. Daher hat man mit einer sogenannten “low-risk” Schwangerschaft die freie Wahl über den Geburtsort des Babys. 

Wenn es allerdings ein Risiko in der Schwangerschaft gibt, sollte die Geburt in einem Perinatalzentrum mit angeschlossener Kinderklinik stattfinden. Lass dich dazu von deinem Gynäkologen oder deiner Hebamme beraten.

Hebammen-Tipp: Suche dir einen Geburtsort, an dem du dich sicher und gut aufgehoben fühlst und der für deine individuelle Schwangerschaft geeignet ist, damit du ein sicheres, bestärkendes und positives Geburtserlebnis hast.